Frühchristliches Mosaik aus dem 6. Jahrhundert, Sant’Apollinare Nuovo in Ravenna
Das Deesis-Mosaik der Hagia Sophia ist ein Hauptwerk der Palaiologischen-Renaissance und der Byzantinischen Kunst.

Mosaike sind eine schon im Altertum bekannte und beliebte Gattung der Bildenden Künste, bei der durch Zusammenfügen von verschiedenfarbigen oder verschieden geformten Teilen Muster oder Bilder entstehen. Dabei können verschiedene Materialien verwendet werden, klassisch sind Stein- und Glasmosaik; im islamischen Mittelalter kamen Kachelmosaike hinzu. Modern sind Papier-, Stoff- und Ledermosaike; auch andere Experimentalformen sind möglich. Im Unterschied zu Einlegearbeiten verwenden Mosaike primär nur eine einzige einfache Form der bildgebenden Teilchen, meist kleine Kuben. Misch- und Übergangsformen sind möglich.

Etymologie

Das Wort Mosaik leitet sich aus dem spätlateinischen Musaicum (opus) (Werk den Musen gewidmet) ab. Als musivische Technik bezeichnet man das Zusammensetzen von verschiedenfarbigen flachen Plättchen (aus Stein, Metall, Holz usw.) zu dekorativen Mustern. Die einzelnen Steine heißen Tessera. Die Ausstattung eines Bauwerks mit Mosaiken wird als Mosaizierung bezeichnet.

Geschichte

Anfänge

Die wahrscheinlich älteste bisher nachgewiesene von Menschen geschaffene mosaizierte Fläche stammt vom Homo erectus bilzingslebenensis in Thüringen, der offensichtlich dafür teilweise ortsfremde Steine und Knochen in den Löss eines fast kreisrunden Platzes mit einem Durchmesser von etwa 9 m eingedrückt haben muss. Der Fund dieses pflasterartigen Bereiches wird ca. 400.000 Jahre zurück datiert.

Zwischen Euphrat und Tigris, in Mesopotamien nahe der Stadt Ur fand man die ältesten Mosaiken aus sumerischer Zeit (ca. 2500–3000 v. Chr.). Es sind dies Säulen aus Palmenstämmen, die eine Ummantelung mit Asphalt (Mischung aus dem Bindemittel Bitumen und Gesteinskörnung) aufwiesen und mit Mosaiksteinen verziert waren.

Mosaikstifte und Mosaiksteine kamen aber auch als Material für Wandfriese in Gebäuden und als Verzierungen von Schmuckkästchen zum Einsatz, wie die Säulenrekonstruktion von Teilen des Eanna-Heiligtums im Vorderasiatischen Museum Berlin und die Standarte von Ur im Britischen Museum zeigen.

Griechenland

Kieselmosaik in Pella
Villa del Casale di Piazza Armerina

Die ersten Mosaiken in der griechischen Welt sind Kieselmosaiken. Wie der Name besagt, bestehen sie aus ausgewählten Kieselsteinen, wobei die Farben Schwarz und Weiß dominieren. Ein Beispiel hierfür ist das Mosaik mit Dionysos auf einem Panther in Pella, der Hauptstadt des Königreichs Makedonien aus der Zeit von 330 bis 310 v. Chr.

Im Hellenismus wurden die Kiesel durch speziell zurechtgeschnittene Steine ersetzt. Eine erste Blütezeit erlebte das antike Mosaik im zweiten vorchristlichen Jahrhundert. In dieser Zeit wurden große Bildmotive, die den Fußboden eines ganzen Raumes bedecken konnten, produziert. Das bekannteste Beispiel ist das Alexandermosaik in der Casa del Fauno in Pompeji; andere Beispiele fanden sich in Delos.

Römisches Reich

Dieses Mosaik aus dem Kaiserpalast in Konstantinopel (5./6. Jahrhundert) illustriert das hohe Niveau, das die bildende Kunst in den spätantiken Metropolen noch lange halten konnte.
Mosaikdecke im Oktogon des Aachener Doms
Fundort Thermengasse im römischen vicus Turicum (Zürich): Mosaikreste mit einfachem Schwarz-Weiß-Dekor aus Kalkstein, welche die Wände der Thermen schmückten
Mosaik im Petersdom, Rom
Mosaik aus dem 19. Jahrhundert in Braunschweig
Detail eines Kosmaten-Mosaiks aus der Kathedrale von Monreale, Sizilien (12. Jh.)
Mosaik in Herculaneum, Neptun und Amphitrite
Zeitgenössische Mosaik-Fassade in Graz, Ende 20. Jahrhundert. (Foto: 2010)

Besonders im römischen Reich waren Mosaiken weit verbreitet. Viele Fußböden und seltener auch die Wände in Wohnbauten der gehobenen sozialen Schichten wurden mit Mosaiken dekoriert. Im ersten nachchristlichen Jahrhundert bevorzugte man vor allem schwarz-weiße Mosaiken, wobei geometrische Motive dominierten. Figürliche Darstellungen waren eher selten und wurden erst im 2. Jahrhundert beliebter; gleichzeitig kamen auch wieder mehrfarbige Mosaiken vor, die besonders in den nordafrikanischen Provinzen beliebt waren und einen eigenen Stil zeigten. Im Osten des Reiches herrschten klassisch griechische Stilelemente und Traditionen vor.

Ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. entstand als besondere Kunstrichtung die christliche Mosaikkunst, sowohl im Westen als auch im Osten des Reiches. Frühchristliche Mosaiken in Rom bilden dabei einen besonderen Schwerpunkt, ebenso die vom Byzantinischen Reich beeinflussten Mosaiken im italienischen Ravenna.

Auch in Deutschland befinden sich einige ältere Mosaiken, die aus der Zeit der römischen Besatzung stammen. Eines der bekanntesten Mosaiken ist das Dionysos-Mosaik in Köln, das im Jahr 1941 bei Schachtarbeiten gefunden wurde und über dem das Römisch-Germanische Museum errichtet wurde.

Mittelalter

Mittelalterliche Mosaike sind eher selten; berühmt sind die figürlichen Szenen in der ehemaligen Kathedrale von Lescar (Aquitanien) oder die Tierkreis -Darstellungen im Chorumgang der ehemaligen Abteikirche Saint-Philibert in Tournus (Burgund). Aber auch in einigen romanischen Kirchen Kölns (z. B. Sankt Gereon, Groß Sankt Martin) finden sich vollständige oder in Teilen erhaltene Beispiele.

Islam

Die islamische Mosaikkunst besteht ganz überwiegend aus abstrakt-geometrischen oder kalligraphischen Kachelmosaiken. Diese wurden wahrscheinlich unter den türkischen Seldschuken entwickelt und verbreiteten sich ab dem 11. Jahrhundert über die gesamte islamische Welt. Ab dem 14. Jahrhundert wurde die zeitaufwändige und somit teure Mosaikherstellung sukzessive aufgegeben; anstelle dessen wurden neue Techniken entwickelt, durch welche die abstrakten (Islam) oder bildhaften (Südeuropa) Motive bereits vor dem abschließenden Brennvorgang voneinander getrennt werden konnten.

Modernes Mosaik

Im Dom des Heiligen Sava in Belgrad ist eine der weltweit größten Mosaikausstattung in Vollendung begriffen: Alle Wände über 7,40 m Höhe sollen mit Gold-Mosaiken bedeckt werden.

Mosaik wird heute meist industriell gefertigt und auf Netz oder Papier vorgefertigt geliefert. Erhältlich sind diese vorgefertigten Mosaiktafeln als Glasmosaik, Keramikmosaik oder Natursteinmosaik.

Eine entscheidende Einschränkung des industriell zum händisch gefertigten Mosaiks besteht in der Form der Steine und der Führung der Fugenlinien. Diese erzeugen bei dem künstlerisch und von Hand verlegten Mosaik durch ihren das Motiv mitbildenden Verlauf eine Zeichnung innerhalb des Motivs sowie durch ihre wellenförmige das Motiv nachzeichnende Linienführung eine Aura um die Motive, die den Reiz eines Mosaiks überhaupt erst ausmacht und die dem pixelartig zusammengestellten industriell gefertigten Mosaik fehlt.

Das Deutsche Institut für Normung bezeichnet Materialflächen mit einer Seitenlänge unter 10 cm als Mosaik, bei mehr als 10 cm als Fliesen und ab 30 cm als Platten. Ministeck ist eine moderne Variante des Mosaiks.

Das Mosaik gewinnt im kunsthandwerklichen Bereich in neuerer Zeit wieder mehr an Bedeutung. Viele Bastelgeschäfte bieten zunehmend Vorlagen und Mosaiksteine aus Materialien wie Glas, Keramik, Ton, Marmor und mit verschiedenen Formen wie Perlen, Herzen oder Sternen an.

Im Main Tower in Frankfurt am Main befindet sich das Wandmosaik Frankfurter Treppe des Berliner Künstlers Stephan Huber.

Mit sieben Metern Höhe und 125 Metern Länge zählt der aus 800.000 Mosaiksteinen bestehende umlaufende Fries des Haus des Lehrers am Berliner Alexanderplatz als größtes Bildwerk Europas. Der Fries unter dem Titel Unser Leben von Walter Womacka wurde 1964 fertiggestellt, 2004 saniert und steht unter Denkmalschutz.

Die Mosaiktechnik findet in jüngerer Zeit auch in Computerprogrammen zur Erstellung von Fotomosaiken Anwendung. Als zur Zeit größtes Mosaikkunstwerk wird durch die Russische Akademie der Künste in Moskau unter Leitung von Nikolaj Muhin ein Großteil der Mosaikgestaltung im Dom des Heiligen Sava in Belgrad vollendet. Das an byzantinische Goldmosaike des 11.–12. Jahrhunderts angelehnte Kuppelmosaik von 1235 m² wurde am 17. Dezember 2017 vollendet.

Berühmte Mosaiken

Italien
  • Das Alexandermosaik mit einer Darstellung der Schlacht bei Issos, das bei den Ausgrabungen Pompejis im Haus des Fauns (Casa del Fauno) entdeckt wurde. Das 5,82 m × 3,13 m große Mosaik zeigt die kämpfenden Heere und als zentrale Figuren Alexander den Großen und seinen Gegner, den Perserkönig Dareios III. Es befindet sich heute im Archäologischen Nationalmuseum Neapel.
  • Das Nilmosaik von Palestrina, ein 5,85 m × 4,31 m großes Bildmosaik mit Darstellungen aus dem hellenistischen Ägypten. Es wurde gefunden im Heiligtum der Fortuna Primigenia in Praeneste, dem heutigen Palestrina. Eine aus Fragmenten rekonstruierte Fassung wird im Museo Nazionale Prenestino, dem ehemaligen Palazzo Colonna Barberini, verwahrt.
  • Die Mosaiken frühchristlicher Bauten in Ravenna, die 1996 in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen wurden: die Kirchen San Vitale, Sant’Apollinare Nuovo, Sant’Apollinare in Classe, das Baptisterium der Kathedrale (Ravenna), das Baptisterium der Arianer, und das Grabmal der Kaiserin Galla Placidia.
  • Die Mosaiken der Villa Romana del Casale auf Sizilien (3500 m² Mosaikfläche aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr.).
  • Die Mosaiken der Kathedrale von Monreale in der Nähe von Palermo auf Sizilien (6340 m² Mosaikfläche aus dem 12. Jahrhundert).
Spanien
  • Frühchristliche Mosaikkuppel von Centcelles bei Tarragona (um 350)
  • Kachelmosaiken im Park Güell in Barcelona von Antoni Gaudí (gestaltet 1900–1914)
Türkei
  • Mosaiken des Archäologischen Museums Antakya
  • Mosaiken aus Zeugma im Zeugma-Mosaik-Museum in Gaziantep
Marokko
  • Mosaiken der Römerstadt Volubilis (z. T. auch im Kasbah-Museum von Tanger)
  • Mosaiken aus Lixus im Archäologischen Museum von Tetouan
Tunesien
  • Bedeutende Sammlung im Nationalmuseum von Bardo
  • Bedeutende Sammlung auch im Archäologischen Museum von Sousse

Wichtige Mosaikkünstler

Im 20. Jahrhundert
  • Charles Crodel
  • Konrad Honold
  • Jan Thorn Prikker
  • Helmuth Uhrig
  • Peter Recker
  • Heinrich Nauen
  • Antoni Gaudí
  • Niki de Saint Phalle
  • Eduard Bargheer
  • Friedensreich Hundertwasser
  • Heinrich Jungebloedt
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Das Glasmosaik „Sport“ von Eduard Bargheer wurde 1962 in den Werkstätten August Wagner gefertigt. Es steht im hannoverschen Stadtteil Calenberger Neustadt neben dem Südeingang der HDI-Arena.

Verwandte Techniken

  • Zusammengesetzte Strukturen aus verschiedenfarbigem Glas finden sich in Bleiglasfenstern und der Tiffany-Glaskunst.

Literatur

  • Philippe Bruneau: Les mosaïstes antiques avaient-ils des cahiers de modèles? In: Revue Archéologique. (1984), S. 241ff.
  • Carlo Bertelli (Hrsg.): Die Mosaiken von der Antike bis zur Gegenwart. Bechtermünz, Augsburg 1988, ISBN 3-86047-485-5.
  • Annamaria Giusti: Pietra Dura. Bilder aus Stein. Hirmer, München 2005, ISBN 3-7774-2745-4.
  • Albert Knoepfli: Wandmalerei, Mosaik. In: Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken. Band 2. Reclam, Stuttgart 1997, ISBN 3-15-030015-0.
  • A. Tammisto: Birds in Mosaics. 1997, ISBN 951-96902-4-7.
  • Orhan Bingöl: Malerei und Mosaik der Antike in der Türkei. von Zabern, Mainz 1997, ISBN 3-8053-1880-4.
  • Philippe Bruneau: Les mosaïstes antiques avaient-ils des cahiers de modèles? : Suite, probablement sans fin. In: Ktema. 25 (2000), S. 191ff.
  • R. Westgate: Pavimenta atque emblemata vermiculata: Regional Styles in Hellenistic Mosaic and the First Mosaics at Pompeii. In: American Journal of Archaeology. 104 (2000), S. 255ff.
  • Bernard Andreae: Antike Bildmosaiken. von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-3156-8.
  • Petra C. Baum-vom Felde: Die geometrischen Mosaiken der Villa bei Piazza Armerina. Hamburg 2003, ISBN 3-8300-0940-2.
  • Werner Jobst: Römische Mosaiken aus Ephesos. Die Hanghäuser des Embolos, Verlag der Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1977, ISBN 3-7001-0225-9. (= Forschungen in Ephesos Band 8/2)
  • Umberto Pappalardo, Rosaria Ciardiello: Griechische und Römische Mosaiken. Hirmer Verlag, München 2012, ISBN 978-3-7774-3791-0.

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